Die Situation sei so angespannt, dass nicht jeder Polizist ein Schießtraining im Jahr absolvieren könne. "Es hapert an der Quantität. Um für den schmalen Grat zwischen Einsatzpflicht und Gesetzesverstoß gerüstet zu sein, trainieren die bayerischen Polizeischüler im Schießkeller. Nach der Fahrt am Simulator analysiert Stefan Kunisch das Training mit den Polizeischülern und endet mit einer Ermahnung: Laut Straßenverkehrsordnung dürfen Polizisten mit Blaulicht zwar 20 bis 30 Prozent schneller fahren als andere Autos – aber: Wenn es Hart auf Hart kommt, dann muss die Polizei schnell handeln. Routiniert greift sich Franziska Altenöder die Maschinenpistole MP5, eine Mitschülerin hilft ihr beim Umlegen des Trageriemens. Im vergangenen Jahr hat die Polizei in 52 Fällen auf Menschen geschossen, rechnerisch gesehen also jede Woche einmal. Alle Bundesländer. Fahrtrainer Stefan Kunisch überwacht die Fahrt am Computer und gibt über Funk Hinweise. Elf Menschen starben, weitere 28 wurden verletzt. Es ist jetzt kurz vor halb zwei und unsere Maschine rollt langsam in Richtung Startbahn.
Wir gehen auf jedes Bundesland ein. Vorstellungsgespräch der Polizei. Angesichts von mehr als 300.000 Polizisten, die es in Deutschland bei Bund und Ländern gibt, bewegen sich diese Zahlen dennoch auf eher niedrigem Niveau.„Nein, wir hatten und haben keine ,schießwütige‘ Polizei“, betont der Kriminologe Professor Thomas Feltes von der Ruhr-Universität Bochum. So war der Schusswaffengebrauch auch beim Einsatz von Spezialkräften während der Krawalle am Rande des G-20-Gipfels in Hamburg freigegeben, wie ein SEK-Führer sagte.„Wenn man sich die Fälle des tödlichen Schusswaffengebrauchs genauer ansieht, dann stellt man fest, dass in den meisten Fällen die Opfer psychisch Kranke oder gestörte Personen sind“, erklärt Professor Feltes. Schließlich soll das Wissen über die Terrorbekämpfung möglichst nicht nach außen dringen.
Sie werden umfassend über die jeweiligen Unterschiede zwischen den Bundesländern beim Polizei Einstellungstest informiert. Aus Sicht von Reinhold Bock, Polizeihauptkommissar im Ruhestand und Leiter der bundesweiten Selbsthilfegruppe Schusswaffenerlebnis, bergen Messerangriffe ein besonders großes Risiko für Polizisten: „Da kann ich den Kollegen nicht verdenken, ihr Leben durch die uns vom Dienstherrn zur Verfügung gestellte Dienstwaffe zu verteidigen.“ Gewerkschaftschef Malchow sagt: „Mehr Gewalt bedeutet für meine Kolleginnen und Kollegen, sich stärker auf die Eigensicherung konzentrieren zu müssen, was dann auch das Ziehen der Waffe beinhaltet.“ Das sei „ein letztes, aber zulässiges Mittel der Notwehr“. Für Fälle, bei denen die Polizei mit psychisch gestörten Kontrahenten zu tun hat, fordert er etwa, entsprechend geschulte Experten wie Psychologen und Mediziner einzubeziehen – schon bei der ersten Information, also meist nach dem Notruf. „Aber leider wird das in der Ausbildung vermittelte Wissen nicht regelmäßig aktualisiert, was besonders im Bereich der psychischen Erkrankungen aber unbedingt notwendig ist“, betont der Kriminologe. Am Anfang steht dabei die Sicherheit.Trocken, also ohne scharfe Munition. Zurück in der Schusszone gibt ihr der Ausbilder letzte Anweisungen.Ausbilder Harald Gessner, ein hagerer Mann mit gutmütigem Lächeln, bringt angehenden Polizisten das Schießen bei. Polizisten kommen immer wieder in die Situation, auch auf Menschen schießen zu müssen. In vielen Bundesländern wird nur zweimal im Jahr auf dem Schießstand geübt, die Munition ist auf wenige Dutzend Schuss limitiert. Die WELT als ePaper: Die vollständige Ausgabe steht Ihnen bereits am Vorabend zur Verfügung – so sind Sie immer hochaktuell informiert. Spezifisches Schießtraining für Flugsicherheitsbegleiter. Polizeischüler Maximilian Brems fährt den BMW mit Blaulicht und Martinshorn über die Autobahn – das Auto steht in einer Halle, vor einer Leinwand. 2014 waren es sieben Tote und 30 Verletzte – und im Jahr 2013 laut Hochschule der Polizei acht Tote und 20 Verletzte. Jede Patrone, die hier im Ausbildungs-Schießkeller der bayerischen Bereitschaftspolizei verschossen wird, vermerken die Ausbilder in einer Liste, um zu verhindern, dass unbemerkt etwas von der 9-Millimeter-Munition nach draußen verschwindet. Wie oft schießen Polizisten in Deutschland bei ihren Einsätzen? GdP-Chef Malchow sagt: „Die Handlungssicherheit im Umgang mit der Dienstwaffe fördert regelmäßiges Training.
Nach zweieinhalb Jahren trainiert sie hier sonst kompliziertere Gefechte mit dem Team aus ihrem Ausbildungsjahrgang. Gründe zum Schießen könnten etwa auch die Verhinderung von Verbrechen oder Fluchtvereitelung sein. Deren Bundesvorsitzender Oliver Malchow weist darauf hin, dass die „Statistik über den polizeilichen Schusswaffengebrauch gegen Menschen weitgehend gleichbleibend ist und Schüsse auf Menschen relativ selten sind“. Bevor sie da ran dürfen, müssen die Polizeischüler durch die theoretische Prüfung – und durch das Polizeirecht.
Seit Beginn der LebEL … Denn der rechtliche Rahmen ist stark begrenzt. Der Bedarf sei so hoch, dass die Bewerber zum Beispiel nach der Schwere ihres Erlebnisses ausgewählt werden müssten, sagt Leiter Reinhold Bock. Hinzu kamen Warnschüsse. Die Landschaft, die Autobahn, der Verkehr werden von einem Computer simuliert, die Geschwindigkeit im Sitz ist durch Stöße trotzdem spürbar. 40 Prozent der Einzelhändler in Nordrhein-Westfalen sind derzeit in akuter Existenznot. Das Kabinenlicht wird abgedunkelt, und ich mache es mir in meinem Sitz bequem. Wie aus den Zahlen der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster zudem hervorgeht, schießen Polizisten vor allem, um gefährliche, kranke oder verletzte Tiere zu töten. 2015 starben zehn Menschen, weitere 22 wurden verletzt.
Deine Gefühlswelt gerät ins Wanken: ,Du bist doch dazu da, Menschen zu retten, zu helfen und jetzt hast du ein Menschenleben ausgelöscht.‘“ Wer mit solchen Gedanken alleine gelassen werde, finde sehr schwer wieder ins Berufsleben zurück.Nach Beobachtung von Professor Feltes gibt es „einen gewissen Widerstand innerhalb der Polizeiführung und der Innenministerien“, wenn es um das Thema Schusswaffengebrauch geht.